Hybridanleihen

 

Definition Stuttgarter Börse:


Hybridanleihen sind Unternehmensanleihen mit einer unendlichen oder einer extrem langen Laufzeit. Die Rendite dieser meist nachrangigen Anleihen ist deutlich höher als bei traditionellen Unternehmensanleihen. Der Emittent hat frühestens nach zehn Jahren das Recht die Anleihe zu kündigen und zum Nennwert zu tilgen. Verzichtet er auf dieses Recht, wird die feste Verzinsung der ersten Jahre in der Folgezeit in eine variable Verzinsung gewandelt. (beispielsweise 3-Monats-Euribor plus einem Aufschlag). Wenn die Anleihen bestimmte Merkmale aufweisen, werden sie von den Ratingagenturen dem Eigenkapital zugerechnet.

 

 

faz.net

Lichtblicke in der Anleihe-Baisse

13. Juni 2007

Anleihen haben den Anlegern in diesem Jahr meist nicht viel Freude bereitet. Wer auf die vermeintliche Sicherheit von Bundesanleihen gesetzt hat, hat sogar Geld verloren. Doch es ging auch anders. Risikofreudige Anleger haben sich zum Beispiel mit Hybridanleihen - einer Mischung aus Fremd- und Eigenkapital - in dem schwierigen Umfeld gut geschlagen. Der Neueinstieg kann sich bei möglichen jährlichen Renditen von bis zu 8 Prozent immer noch lohnen, zumal Hybridanleihen, die auch als Nachranganleihen bezeichnet werden, vom Jahr 2009 an erträglicher besteuert werden.

„Die professionellen Investoren sind inzwischen besser vertraut mit Hybridanleihen“, sagt Jörn Felgendreher, Fondsmanager bei der DWS. „Das hat zu einer geringeren Schwankungsanfälligkeit und geringeren Risikoprämien geführt.“ Auch im Vergleich zu normalen erstrangigen Unternehmensanleihen sei die Wertentwicklung in diesem Jahr bisher ansprechend. Immer mehr langfristig orientierte Investoren seien auf den Markt gekommen. „Das bringt mehr Ruhe und Stabilität“, sagt Felgendreher.

Hybridanleihen im Wert von rund 12 Milliarden Euro


Der Markt für Nachranganleihen, die Aufsichtsbehörden und Ratingagenturen zugunsten der Emittenten als Eigenkapitalersatz akzeptieren, ist vor etwa fünf Jahren entstanden. Seitdem haben Industrieunternehmen wie Linde, Henkel oder Bayer Hybridanleihen im Wert von rund 12 Milliarden Euro emittiert. Größere Emissionen stammen auch von Versicherern, aber der Löwenanteil entfällt auf die Banken, die zur Steuerung ihres Eigenkapitals vermehrt Nachranganleihen (Tier 1) begeben. Allein im vergangenen Jahr haben Banken derartige Titel im Wert von 23 Milliarden Euro begeben.

Eigentlich hätte das steigende Emissionsvolumen der Banken zu einer Ausweitung der Risikoprämien führen müssen, schreibt Hartmut Preiß, Analyst bei der DZ Bank. Doch das Gegenteil sei eingetreten. Wegen der großen Nachfrage der Anleger, die in der Niedrigzinsphase nach höheren Renditen suchten, seien die Renditeaufschläge zu sicheren Anlagen sogar kräftig gefallen. Im Jahr 2002 mussten die Banken noch mit durchschnittlichen Renditeaufschlägen von 2 Prozentpunkten locken, um Käufer für ihr Nachrangkapital zu finden. Heute genügen schon rund 0,7 Prozentpunkte, um die Anleger für neue Tier-1-Anleihen zu begeistern. Entsprechend sind allerdings auch die Anreize für neue Anleger, die hohe Renditen suchen, geringer geworden. Viel mehr als 5 Prozent Rendite im Jahr ist von den Anleihen der Banken nicht zu erwarten.

Unendliche Laufzeit möglich


Spektakulärer sind dagegen die Zinsen bei den Hybridanleihen der Industrieunternehmen. Der Gasehersteller Linde lockt mit rund 6 Prozent Rendite, der österreichische Baukonzern Wienerberger mit 6,5 Prozent und der Reisekonzern TUI bietet sogar mehr als 8 Prozent, sofern alles gut geht. Denn es ist wie immer auf dem Kapitalmarkt: Die im Vergleich zu Staatsanleihen hohen erwarteten Renditen sind mit höheren Risiken verbunden. Je nach Ausgestaltung der Hybridanleihen können Zins und Tilgung ausgesetzt oder sogar gekürzt werden, falls es dem Unternehmen schlecht geht.

Außerdem gibt es keinen verbindlichen Termin für die Rückzahlung. Häufig haben die Emittenten nach zehn Jahren erstmals einseitig das Recht zu tilgen. Doch die Schuldner können die Hybridanleihe auch weiter laufenlassen - je nach Ausgestaltung für viele Jahre oder sogar unendlich lang. Ist ihre finanzielle Lage erträglich, werden sie von diesem Recht in der Regel nicht Gebrauch machen und das Geld pünktlich zurückzahlen. Doch für den Fall einer finanziellen Schwäche müssen die Anleger damit rechnen, dass sie lange auf ihr Geld warten müssen.

Studium des Kleingedruckten

Ob Zins und Tilgung wie erwartet fließen, hängt nicht zuletzt von den Vertragsklauseln ab. Bei der TUI-Anleihe müssen zum Beispiel nichtgezahlte Zinsen nachgeholt werden, wenn das Unternehmen wieder Dividenden zahlt. Bei einer Hybridanleihe von Thomson ist das dagegen nicht der Fall. Dafür verpflichten sich die Franzosen aber zur Tilgung, falls der Elektrokonzern unter die Kontrolle eines neuen Eigentümers geraten sollte. Das ist besonders wichtig für den Fall einer kreditfinanzierten Übernahme. Es kommt also auf das Studium des Kleingedruckten an. Die Investition per Investmentfonds könnte das ersparen. Allerdings ist das Angebot an spezialisierten Fonds sehr dünn. Immerhin plant offenbar die DWS, dieses Anlagethema aufzugreifen.

Für Privatanleger gewinnen die Hybridanleihen auch aus steuerlicher Sicht an Reiz. Bisher stuft der Fiskus die Nachrangtitel als Finanzinnovationen ein. Es werden also nicht nur die Zinsen, sondern auch etwaige Kursgewinne der Einkommensteuer unterzogen, die je nach Einkommen bis zu 42 Prozent betragen kann. Von 2009 an wird auf Kursgewinn und Zins pauschal nur noch eine Abgeltungssteuer von 25 Prozent erhoben.
Text: ruh. / F.A.Z., 13.06.2007, Nr. 134 / Seite 23
Bildmaterial: AP, F.A.Z.